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Sozialamt hat Kosten für systematische Bewegungstherapie zu tragen
Datum: 23.02.2012
Kurzbeschreibung: Dies hat der 7. Senat des Landessozialgerichts in seinem Urteil vom 23. Februar 2012 im Fall eines schwerbehinderten Kindes entschieden.
Sozialamt hat Kosten für systemische Bewegungstherapie zu tragen
Dies hat der 7. Senat des Landessozialgerichts in seinem Urteil vom 23. Februar 2012 im Fall eines schwerbehinderten Kindes entschieden. Dieses leidet seit seiner Geburt an einer unheilbaren Stoffwechselerkrankung, die mit hochgradiger beidseitiger Sehbehinderung, geistiger Behinderung, einem hirnorganischen Anfallsleiden und anderen körperlichen Beeinträchtigungen verbunden ist. Ab dem Zeitpunkt seiner Einschulung in der Freien Waldorfschule im Rahmen eines integrativen Schulentwicklungsprojekts hat der Sozialhilfeträger die Auffassung vertreten, dass der Förderbedarf des klagenden Kindes bereits durch die integrative Schulform abgedeckt und weitere Förderung nicht ohne Berücksichtigung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Eltern des Kindes zu gewähren sei.
Das Landessozialgericht hat diese Rechtsauffassung nicht geteilt und das bereits zu Gunsten des Klägers ergangene Urteil des Sozialgerichts Freiburg bestätigt.
Der Kläger gehöre aufgrund seiner Behinderungen zum grundsätzlich förderungsfähigen Personenkreis. Die systemische Therapie verfolge das Ziel, mit den Schülern diejenigen Themen, die in der Schule überwiegend visuell angeboten würden, in Bewegung und Handlung aufzuarbeiten und der Stabilisierung der Persönlichkeit zur Vermeidung von Verhaltensauffälligkeiten.
Eingliederungshilfe sei zur Verbesserung schulischer Fähigkeiten und sozialen Eingliederung des Klägers erforderlich. Zu den Maßnahmen der Eingliederungshilfe zählten auch heilpädagogische und sonstige Maßnahmen zugunsten körperlich und geistig behinderter Kinder und Jugendlicher, soweit die Maßnahmen erforderlich und geeignet seien, dem behinderten Menschen den Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht zu ermöglichen oder zu erleichtern. Dies sei nach den fachkundigen Auskünften und Stellungnahmen über den Kläger der Fall. Dieser habe neben der von der Schule geleisteten Integrationshilfe weiteren Förderbedarf, der in der sozialen Integration in die Schulklasse und der Steigerung der Aufnahmefähigkeit schulischer Lerninhalte bestehe. Der stark sehbehinderte Kläger habe zu wenig motorische Sicherheit und benutze seine Hände zu wenig zum Tasten. Durch die steigenden schulischen Anforderungen bestehe die Gefahr der Überforderung, die sich u.a. auch in zunehmenden epileptischen Anfällen zeige. Der Schwerpunkt der Förderung liege im schulischen Bereich, wenn auch die dabei erworbenen Fähigkeiten quasi als Nebeneffekt die Kompetenzen des Klägers auch im außerschulischen Bereich erhöht würden.
Der Nachrang der Sozialhilfe stehe der Förderung des Klägers nicht entgegen. Zwar sei die pädagogische Förderung der Schüler in erster Linie Aufgabe der Schule. Damit seien jedoch ergänzende Leistungen der Eingliederungshilfe nur insoweit ausgeschlossen, als sie zum Kernbereich der pädagogischen Arbeit gehörten, was hier aber nicht der Fall sei. Auf die finanzielle Leistungsfähigkeit der Eltern komme es bei der Hilfe zur angemessenen Schulbildung nicht an.
Urteil vom 23.02.2013, Az.: L 7 SO 1246/10
Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022)
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